Günstiges und dezentrales Verfahrens zur H2-Herstellung aus Biomasse
Das Ziel ist deutlich definiert: Deutschland soll bis 2045 klimaneutral werden. In diesem Vorhaben spielt die Nutzung und emissionsarme Gewinnung von H2 eine zentrale Rolle. Die bewährten thermochemischen Verfahren zur H2-Gewinnung aus biogenen Quellen laufen unter anspruchsvollen Prozessbedingungen ab. Daher erforscht die Nachwuchsgruppe FAIR-H2 an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg eine alternative, dezentrale und unter milderen Bedingungen durchführbare Prozesskette. Ziel ist die Entwicklung modifizierter heterogener Katalysatoren und Reaktionsprozesse, welche eine stabile Aktivität in der kontinuierlichen Wasserstoffproduktion aus wässriger Ameisensäure aufweisen. Weiterhin sollen dezentral anwendbare Aufreinigungsverfahren für die erzeugten Mischgasströme entwickelt werden.
Von biologischen Reststoffen zu reinem H2
In einem ersten Prozessschritt wird Biomasse durch einen bereits etablierten Oxidationsprozess in Ameisensäure umgewandelt. Anschließend erfolgt die Umsetzung der Ameisensäure in H2 und CO2. Hierbei stehen zwei Prozesswege im Fokus. Bei der Dehydrierung wird die Ameisensäure direkt zu H2 und CO2 umgewandelt. Beim zweistufigen Prozessweg wird die Ameisensäure zunächst dehydratisiert und das erzeugte H2O und CO werden in einer Wasser-Gas-Shift-Reaktion (WGS) zu CO2 und H2 umgesetzt. Forschungsschwerpunkt in beiden Varianten ist die Entwicklung modifizierter heterogener Katalysatoren mit stabiler Aktivität im kontinuierlichen und gekoppelten Prozess.
Für die Nutzung des biogenen H2 in energetischen Anwendungen z.B. PEM-Brennstoffzellen ist eine hohe Gasreinheit erforderlich. Um das Gesamtkonzept einer dezentral anwendbaren Technologie zur Bereitstellung von reinem H2 zu ermöglichen, wird im Projekt auch ein neues Reinigungsverfahren entwickelt. Die zyklische Reinigungsmethode basiert auf der Abtrennung des H2 aus einem Mischgasstrom (enthält u.a. CO2, CO, H2O) durch die selektive, katalytische Bindung von H2 an eine Trägerflüssigkeit. Im Anschluss erfolgt zunächst die Abtrennung der in der Gasphase verbliebenen Verunreinigungen und dann die katalytische Freisetzung des reinen H2 aus der Trägerflüssigkeit. Für dieses Vorhaben werden neuartige Trägerflüssigkeiten sowie katalytische Systeme untersucht, die einen stabilen Betrieb ermöglichen.
Für eine spätere wirtschaftliche Umsetzung ist die Effizienz der neuen Prozessroute zur H2-Gewinnung aus Biomasse essentiell. Deshalb werden die einzelnen Prozessschritte sowie das Gesamtkonzept begleitend zu den experimentellen Untersuchungen simuliert und mit Wirtschaftlichkeits- und Nachhaltigkeitsbetrachtungen evaluiert. Final soll das Verfahren im Rahmen des Projektes unter Realbedingungen durch den Betrieb einer technischen Demonstrationsanlage für die Wasserstoffproduktion aus Biomasseabfällen geprüft werden.
Biogener H2 als Wegbereiter für eine zukunftssichere Energiewirtschaft
In Zusammenarbeit mit den mittelständischen Unternehmen OxFA GmbH und Hydrogenious LOHC Technologies GmbH sollen die neuen Technologien für die dezentrale Wasserstoffproduktion und -reinigung hin zur Marktreife entwickelt werden. Durch die dezentrale Energiebereitstellung und den vermehrten Einsatz von lokal verfügbaren biogenen Rohstoffen werden regionale Wirtschaftskreisläufe gestärkt. Dies bietet vor allem ländlichen Gebieten neue wirtschaftliche Perspektiven. Des Weiteren ermöglicht das erforschte Verfahren die Reduktion von Treibhausgasemissionen und trägt dazu bei, den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft zu beschleunigen. Zudem senkt eine Diversifizierung im Energiesektor die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und geopolitischen Einflussfaktoren.